In Zukunft Homöopathie

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„Homöopathin zur Skeptikerin geworden!“ – na und?

22. Juli 2016 Markus Dankesreiter 0 Comments

Man sieht, hört und liest seit einiger Zeit in den Medien viel über Natalie Grams, eine homöopathische Ärztin, die sich enttäuscht von der Homöopathie abgewendet hat und sich nun gegen die Homöopathie engagiert. Für die Homöopathie-Ablehner ist das natürlich eine feine Sache, und die Medien machen gerne mit: schließlich ist das ein echter Aufreger und man hat ein hübsches Gesicht, das man einer eigentlich hässlichen Sache verleihen kann.

Die Geschichte von Natalie Grams in Kürze

Frau Grams wollte eigentlich ein Buch für die Homöopathie schreiben, heisst es, aber bei den Recherchen sei sie auf den wissenschaftlichen Nachweis gestoßen, dass Homöopathie gar nicht funktionieren könne bzw. nur Placebo sei. Sie glaubt nun, dass bei ihren Behandlungen immer nur das Gespräch geheilt habe, niemals die Globuli. Das ist irgendwie seltsam, denn Frau Grams hatte wohl durchaus beachtliche Heilerfolge. Aber offensichtlich hat sie sich von den wenigen schlecht gemachten Metastudien, die der Homöopathie die Wirkung absprechen, und von ein paar pseudo-wissenschaftlichen Argumenten sehr verunsichern lassen. Und zwar so sehr, dass sie zu den guten Studien gar nicht mehr vorgedrungen ist und dann die Homöopathie – voreilig, wie ich finde – an den Nagel gehängt hat. Derart verunsichert kann man sie nun bequem vor den Karren der Homöopathie-Ablehner spannen.

Das ist aber nicht das Hässliche, das ich meinte. Wirklich hässlich ist, dass die Medien die Geschichte derart groß herausbringen und dadurch die Realität verzerren.

Schulmediziner, die zur Homöopathie konvertieren

Der häufigere Fall geht nämlich genau umgekehrt: enttäuscht von der alleinigen Anwendung der Schulmedizin suchen Ärzte nach alternativen Verfahren, die ihre Therapien erfolgreicher machen – und landen dabei häufig bei der Homöopathie. Wieviele Ärzte das sind? Etwa 7000, sagt der Deutsche Zentralverein homöopathisch arbeitender Ärzte (DZVhÄ). 7000 Konvertiten!

Aber das scheint keine Sensation zu sein, über die man berichten kann. Oder es nützt niemandem, darüber zu berichten. Lieber berichtet man über eine einzelne Ärztin, die von der ach so schlimmen, dogmatischen,  „sektenähnlichen“ Homöopathie wieder zur wahren, einzigen, allwissenden Wissenschaft konvertiert ist.

Man braucht also einen wirklich guten Aufmacher. Vielleicht kann ich da etwas bieten: Ich bin auch konvertiert! Vom Physiker – rational, den Fakten verpflichtet – zum Homöopathen! Yeah! Warum? Na eben: rational und den Fakten verpflichtet. Ursprünglich habe ich nämlich die  Homöopathie abgelehnt. Ich war zwar offen für vieles, weil ich mir immer vorstellen konnte, dass es Dinge gibt, die wir noch nicht entdeckt haben. Am Ende sollte es aber schon physikalisch erklärbar sein. Aber die Homöopathie? Nein, niemals. Da ist ja nix drin, nur Wasser, Alkohol und Zucker, also kann auch nix wirken. Dachte ich.

Drei Dinge haben mich zum Umdenken gebracht:
1. Eigene Erfahrungen mit Homöopathie, und zwar NEGATIVE. Ich habe Globuli eingenommen, in Hochpotenzen, und davon Symptome bekommen, die ich bis dahin so nie hatte. Das war seltsam. Wochen später habe ich wieder Globuli eingenommen und wieder seltsame Symptome bekommen. Nach jeweils ein paar Stunden waren sie wieder verschwunden. Alles hätte ich erwartet, aber das nicht. Da wurde ich neugierig.
2. Wieder eigene Erfahrungen, diesmal POSITIVE: Ein Heilpraktiker hat bei mir eine über viele Jahre bestehende chronische Erkrankung mit einer homöopathischen Behandlung zum Abklingen gebracht. Man könnte natürlich sagen: „Zufall“. Aber schon komisch, dass der Zufall (wie so oft) ausgerechnet beim Heilpraktiker passiert ist und nicht bei den Ärzten, bei denen ich vorher war.
3. Ich las Studien zur Homöopathie. Die sind nämlich zu einem guten Teil positiv, auch wenn die Medien gerne etwas anderes berichten. Und gerade die qualitativ besten Studien fallen zugunsten der Homöopathie aus.

Das sind zwar alles keine Beweise, die gibt es in der Medizin sowieso nicht. Aber es ist genug Stoff, um eine blanke Ablehnung der Homöopathie für mich als rational denkenden Menschen inakzeptabel werden zu lassen.

7000 + 1

So, ich bin also konvertiert. Wo ist die Presse? „Physiker zum Homöopathen gewandelt!“, das wäre doch was! Nein? Kein guter Aufmacher? Oder wir nehmen die homöopathischen Ärzte hinzu: „Über 7000 Schulmediziner und ein Physiker zur Homöopathie konvertiert!“, ist das nichts? Nein, das interessiert die Medien nicht. Es interessiert nur die eine, Natalie Grams, die den umgekehrten Weg gegangen ist. Eine. Was für Schlüsse wollen wir daraus ziehen?

Schlusspointe: Frau Grams wendet sich nun der Psychotherapie zu. Die ist ja bekanntermaßen wissenschaftlich viiiiiiiel besser abgesichert.

Bin gespannt, ob sie damit – nur mit dem Gespräch – ein Geschwür oder eine Blasenentzündung heilen kann.

 

Bildquelle: Pixabay

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